SINEE – Tipp des Monats: How to make a track – 140 BPM Techno

Hallo lieber FAZEmag-Leser,

wir haben ein Thema mitgebracht, das uns besonders am Herzen liegt: 140-BPM-Techno!

Düstere Ästhetik, treibende Bässe, raue Acid-Sounds und ein schneller Takt zeichnen diese Welle aus, die unabstreitbar modern geworden ist. Wir haben uns diesen Stil genauer angesehen und wertvolle Tipps rausgesucht, damit du diesen Sound lernen und in deine Produktionen einfließen lassen kannst.

Seit einigen Jahren entwickelt sich der Techno in Deutschland in eine immer härtere und schnellere Richtung. Das Tempo hat im Vergleich zu 2010 um rund 15 BPM angezogen — eine Art Rückbesinnung zu den Anfängen von Technomusik in Deutschland. Daher dürfen auch Anspielungen wie ravige Stabs und drückende Kickdrums nicht fehlen. Junge Künstler wie Kobosil, Inhalt der Nacht, Airod, Introversion, Farrago oder I Hate Models prägen derzeit diese Klangästhetik und bilden auch durch eigene Partyreihen und Labels starke Communitys. Ein Blick nach Berlin reicht aus um zu verstehen, dass Clubs wie das Berghain oder die Griessmuehle dieser Bewegung entsprechend Raum geben. Nicht umsonst zählen diese Locations zu den Top-Anlaufstellen für Techno in Deutschland.

Nur zu gerne denken wir in der momentanen Situation an die Idealvorstellung einer prall gefüllten Lagerhalle oder einem ähnlichen Industriegebäude, wo DJs mit schier endloser Energie spielen und die Menge zu hypnotisieren wissen. Die Atmosphäre dieser Nächte bringt einen ganz besonderen Charakter mit sich, der sich auch in den Produktionen der bereits genannten Acts wiederfinden lässt. Und jeder, der sich schon etwas mit Musikproduktion beschäftigt hat, weiß, wie schwer es ist, diese Stimmung einzufangen, bzw. digital zu imitieren, ohne dabei zu übertreiben.

Drums
Einige Künstler nutzen ihre Drum-Computer, Sequencer und Effektpedale sowohl im Studio als auch in der Booth. Das heißt nicht direkt, dass man Hardware besitzen muss, um dieses Genre produzieren zu können, das Entscheidende ist die Stimmung und der Vibe einer Produktion und die Fähigkeit die Zuschauer mit subtilen Änderungen mitzureißen.

Die Kick wird in dieser Spielart oft heftig verzerrt. Doch aufgepasst: Je verzerrter die Drum, desto atonaler wird sie und somit immer unbrauchbarer. Arbeitet man mit stärkerer Verzerrung, landet man bei der Klangcharakteristik von Schranz und Hardcore. Hier muss jeder für sich die perfekte Mischung zwischen Bassdruck und Verzerrung finden.

Eine Produktions-Möglichkeit: Die Kick mit Reverb oder Delay effektieren, um den Platz zwischen den Schlägen zu füllen. Die Hallfahne anschließend so filtern, dass nur der Subbass übrigbleibt. Das Ergebnis ist eine erdbebenartige Bassline – der Rumble.

Auf 2 und 4 eine Clap oder Snare hinzufügen, die jedoch weniger vordergründig spielen. Ähnlich wie beim Subgenre Industrial wird der Clap oder Snare ein Hallraum gegeben, der entweder tief oder voller Reflektionen ist – wie in einem Bunker.

Hi-Hats und Cymbals stechen in diesem Stil wesentlich dreckiger im Mix hervor. Das entsteht vor allem durch die nachträgliche Gruppenbearbeitung mit Verzerrung und Kompression.

Auf Humanisierung durch Velocity-Werte wird verzichtet. Es geht weniger um Realismus, Dynamik und Tiefenstafflung, sondern um Präsenz. Die Sounds sollen so weit vorn sitzen wie möglich.

Die Decay-Zeiten werden wie immer als gängigstes, dramaturgisches Aufputschmittel genutzt, allerdings lange nicht so perfektionistisch nachgebessert wie in anderen Genres. Raw muss es hier sein! Es soll knistern und rattern, es darf Ecken und Kanten geben, aber du solltest den Schmutz gezielt einsetzen. Ein stetiger Wechsel der Elemente ist der Schlüssel zu einem ausgewogenen Mix.

Übrigens, das gilt auch für die Synths, denn auch hier geht es nicht um lange Effektketten oder filigranes Sounddesign. Das Wichtigste ist, hypnotische Loops schaffen, die sich nicht auflösen. Hier eignen sich auch Frage-Antwort-Sequenzen in den Synths, um für Abwechslung zu sorgen.

Mit einfachen Filtern, etwas Noise und reichlich Verzerrung ist man hier meist schon gut aufgehoben.

Wichtige Bestandteile des Arrangements
Weniger ist bekanntlich mehr, deshalb sollte man gerade am Anfang nicht sein ganzes Pulver verschießen. Die Stimmung fährt langsam auf, also subtile Automationen über längere Zeit auf den Synth, die Cymbals oder Effekten setzen. Das einzig abrupte sind Filter-Cuts vor dem Drop oder Cymbal-Rhythmusänderungen.

Die Steigerung in elektronischer Musik zum Drop nennen wir Rise-up, oder explizit in den Drums Build-up. Jeder weiß genau, was damit gemeint ist. Der Rhythmus wird schneller und die Energie steigt an. Hier bietet es sich an, einen Hall mit vielen Höhen dazu zu mischen, um den Mix zu füllen. Ob man Snare-Roll-Fan ist oder nicht, jeder muss für sein Lieblingsgenre die Art des Aufbaus ausfindig machen. Entweder geht man einfach mit dem Flow, zockt Sequenzen live ein oder man hört ganz genau hin, wie die Vorbilder es machen.

Atmosphäre schaffen im Mix
Für die Füllung im Hintergrund empfehlen wir wie immer Send und Returns zu benutzen. Düstere, epische Atmosphären kannst du mit langen Reverbs, verrückten Delay-Spielereien und starker Verzerrung erzeugen. Convolution Reverb, also Faltungshall, kann mit der richtigen Hallkammer in wenigen Klicks überzeugend und realistisch klingen. Probier’s unbedingt mal aus!

Wie auch bei Industrial-Genres, bedient man sich hier gerne an Samples mit industriellem Klang, so wie entsprechend großen Hallräumen, Metall- und Maschinensounds. Weitere Einflüsse für Samples bilden Sounds aus Horror- oder Kriegsfilmen, sogar Metal-Bands kommen zum Einsatz.

Hintergrund-Atmos sowie Earcandy kann man aus jeglicher Form von Geräuschen erzeugen. Auch selbstaufgenommenes Material kann hier verwendet werden, denn diese Sounds müssen nicht zwingend wohlig oder knackig klingen. Mit gut gewählten Effekten kann man jede gewünschte Stimmung verstärken. Vor allem Filtering, um den Sound frequenziell richtig zu platzieren, ihn dumpfer, schärfer, dünner oder dicker klingen zu lassen.

Durch Verzerrung generierte harmonische Obertöne verstärken den Charakter des Sounds und drücken ihn wie eine laute Stimme weiter nach vorn im Mix. Zusätzliche Feinheiten kannst du durch Kompression einstellen. Soll der Sound wirklich glattgebügelt am Ohr kleben, dann kannst du das Signal heiß in einen Limiter oder Multiband-Compressor fahren. Einige Sounds kann man auch unberührt dynamisch im Hintergrund tänzeln lassen, aber hier gilt eher straight on und da kann jede Spur und Gruppe etwas abbekommen.

Die Cymbals werden von den Künstlern häufig besonders komprimiert und von den restlichen Elementen frequentiell getrennt. Die Offbeat-Hat oder Shaker haben einen High-Cut und wirken dadurch subtiler. Die Rides, Crashes 16tel Hats, werden dafür verzerrt oder teilweise über die Kick-Bass-Gruppe mitverzerrt und klingen dadurch wesentlich höher, stetiger und zerstörter.

Sie sind ein essentielles Element in dieser Musik und regen den Zuhörer neben der Kick-Bass-Kombination am meisten an. Deshalb ist es wichtig, dass diese Gruppe eine abwechslungsreiches Arrangement hat. Hier kann man sich an den Referenztracks orientieren – egal ob moderne Vorbilder oder ursprüngliche Klassiker.

Mehr Tipps & Tricks zum Thema Produktion findest du auf unserem SINEE Youtube-Kanal.

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Text: Johann Köhnen