Spiegel: Superspreader und Co. – warum wir uns vorläufig keine Hoffnung aufs Clubben machen sollten

Zugegeben: insgeheim rechnen viele Menschen damit, dass das Leben schon bald wieder in die Normalität zurückkehren wird. Man will endlich wieder ausgehen, Bars besuchen und natürlich: tanzen.

In Hamburg und Nordrhein-Westfalen dürfen diverse Kneipen ab dieser Woche wieder öffnen – natürlich unter strengen Auflagen. Es wird wohl also nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch andere Lokale und Clubs wieder zum gemeinsamen Rausch einladen, oder? Gerade die Ereignisse in Südkorea haben uns allerdings gezeigt, dass das Wiedereröffnen von Diskotheken und Co. ein gewaltiges (Infektions-)Risiko birgt, das im Grunde genommen unverantwortlich ist.

Wie gefährlich das genau ist und welche Rolle die sogenannten „Superspreader“ spielen, legt uns ein Artikel vom Spiegel nahe.

„Superspreader“: Superspreader sind Infizierte, die während des Höhepunktes ihrer Ansteckungsfähigkeit mit vielen Menschen in Kontakt kommen. Sie stecken mehr Menschen an, als es Infizierte im Durchschnitt tun.

Als Beispiele für Superspreader werden im Artikel insbesondere die Geschehnisse im Wintersportort Ischgl (Anfang März) und in Seoul, Südkorea (vergangene Woche) genannt. Während sich in Tirol ein infizierter Barkeeper als „Übeltäter“ entpuppte und zahlreiche Gäste aus der ganzen Welt angesteckt hatte, war es in Seoul ein besonders umtriebiger Nachtclub-Besucher, der mindestens 24 Menschen (höchstwahrscheinlich sind es noch viel mehr) mit Covid-19 angesteckt hatte.

Peter Walger, Infektiologe von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, sagte gegenüber dem Spiegel, dass der 29-jährige Südkoreaner die Lokalität vermutlich in einer Phase aufgesucht hatte, als er hochansteckend war. Er müsse sich demnach in einem Stadium befunden haben, in dem die ersten bemerkbaren Symptome kurz bevorstanden – einem äußerst sensiblen Zeitpunkt für die Übertragung. „Das Virus habe er dann vermutlich über Sprechen, Singen oder schlichtweg körperliche Nähe übertragen“, so Walger.

Der Infektiologe warnt, dass insbesondere in Bars und Nachtclubs nur wenig räumliche Distanz gegeben sei und die Räume darüber hinaus voll und schlecht belüftet seien. Dazu geselle sich der Konsum von Alkohol – ein Faktor, der die Sensibilisierung für die Brisanz minimiere. Walger moniert weiterhin: „Alle Barrieren, die wir normalerweise vorsehen, um Ansteckungen zu verhindern, fehlen dort.“

Und jetzt?

Viele Betreiber und potentielle Gäste hoffen auf eine rasche Wiedereröffnung der Lokalitäten unter entsprechenden Schutzmaßnahmen. An dieser Stelle müsse man sich jedoch die Frage stellen, ob das überhaupt realistisch wäre. Peter Walger ist der Meinung, dass man sich die jeweiligen Bedingungen vor Ort anschauen müsse, um dann gegebenenfalls individuelle Schutzkonzepte zu erarbeiten. Damit seien jedoch eher Veranstaltungen im Freien gemeint.

Das Raven in engen, dreckigen Clubs können wir uns nach der Einschätzung des Infektiologen hingegen erst einmal von der Backe schmieren: „Die Atmosphäre einer Bar [eines Clubs] löst sich eigentlich auf, wenn man strenge Hygieneregeln einhält. Dort geht es ja gerade um Schummrigkeit, um Enge, auch um körperliche Nähe und um Alkoholkonsum“, so Walger.

Und der Bericht vom Spiegel streut noch einmal Salz in die Wunde. Sollten Schutz-und Hygienemaßnahmen in Bars und Clubs nicht greifen, dann sähe man sich einer bitteren Perspektive ausgesetzt: einer Stilllegung des Nachtlebens bis zur Entwicklung eines Impfstoffes. Dies könnte frühstens im Herbst der Fall sein. Ein realistisches Szenario, das uns laut des Artikels auch die vier großen Forschungsgemeinschaften in Deutschland nahelegen. Demnach seien weder das Erreichen einer Herdenimmunität, noch eine vollständige Ausrottung des Virus in absehbarer Zeit möglich …

 

Das könnte dich auch interessieren:
Infektionen im Club – Südkorea macht die Clubs wieder dicht
Trotz Corona: am Niederrhein entsteht ein neuer vielversprechender Techno-Club
Spontaner Corona-Rave am Donaukanal: Teilnehmer machen sich rechtzeitig aus dem Staub

Quelle: Spiegel Online