Track-Check: Chopstick & Johnjon – Pining Moon (Suol)

Vor 15 Jahren haben Chopstick & Johnjon ihren ersten gemeinsamen Track veröffentlicht, fünf Jahre später starteten sie ihr eigenes Label Suol, auf dem sie auch Acts wie Till von Sein, Fritz Kalkbrenner oder Meggy auflaufen lassen. Wiederum fünf Jahre nach Labelstart veröffentlichten Chi-Thien Nguyen und John Muder ihr Debütalbum „Twelve“, aus dem der Track „Pining Moon“ stammt, der dort in zwei Versionen vertreten war und später diverse Remixe erhielt.

 

„Pining Moon“ ist ein ungewöhnlich sanfter, Song-basierter Track für euch. Inwieweit unterscheidet sich die Entstehung des Tracks zu anderen, funktionaleren Tracks? Welche Stimmung wolltet ihr ausdrücken?

Chopstick: Pining Moon war der erste Track aus unser Albumproduktion und basierte somit auf einer ganz anderen Herangehensweise. Wir wollten bei dem Album vor allem den Maschinen entfliehen und viel mit echten Instrumenten arbeiten.
Bezüglich der Stimmung und der Struktur, die daraus entstanden sind, gab es vorher keinen Plan – wir wollten einfach dem Korsett des Dancefloors entfliehen und schauen, wohin es uns trägt.

Wie sind die Vocals sowie die Lyrics entstanden? Gab es zuerst die Lyrics oder den Track?

Chopstick: Bevor wir das Studio-Date mit dem Sänger Chris James hatten, wollten wir ein paar grobe Skizzen vorbereiten. Somit haben wir ganz viele Loops gebaut. Der Loop von „Pining Moon“ war lediglich ein kurzes Sample, das wir wild zusammengeschnitten hatten – ohne Beat, ohne Synths. Darauf hat Chris dann die Lyrics geschrieben. Am Ende ist der Loop dann rausgeflogen und wir haben alles auf seine Vocals neu eingespielt und die Gitarre aufgenommen.

Die akustischen Instrumente sind vollständig live eingespielt. Habt ihr Tricks für junge Produzenten, wie man anfängt, Live-Instrumente in seinen Tracks zu benutzen? Auf was sollte man beim Recording achten?

Johnjon: Wichtig für uns war, dass die Aufnahmen der Live-Instrumente so organisch wie möglich klingen. Das heißt, man sollte ein gutes Verständnis für die gewissen Instrumente besitzen und wie sie klingen sollen. Die Mikrofonauswahl fiel bei uns auf ein Bändchenmikrofon, die klingen einfach perfekt, um Amps abzunehmen! Zusätzlich haben wir noch ein Großmembranmikrofon benutzt und solange die Position gesucht, bis das Verhältnis zwischen Klang und Fret-Noise harmonisch klang. Am Ende des Tages kann man aber auch mit einem guten Mikrofon schon recht viel erreichen, aber wenn man zwei Mikrofone besitzt, macht es natürlich mehr Spaß, verschiedene Techniken auszuprobieren.

Gibt es Mixing-Kniffe, die man beachten sollte, wenn man echte Instrumente und elektronische Klangquellen wie Synthesizer oder Samples kombiniert? 

Johnjon: Die live aufgenommen Sounds sind meist recht dynamisch und die Synth-Einspielungen im Vergleich eher statisch. Um ein homogenes Soundspektrum zu kreieren, haben wir auf diverse Kompressionstechniken zurückgegriffen: mal ganz klassische Sidechain-Kompression, mal Opto- oder mal FET-basierende Kompressionen, je nach Gefühl und eigenem Ermessen. Am Ende gibt es viele Wege, die nach Rom führen, daher ist es wichtig, dass jeder angehende Produzent seine eigene Erfahrungen macht und selber herausfindet, was zu welchem Sound passt – klassisches Erlernen des Handwerks quasi.

Woher stammt die unglaublich warme Bassline, die so präsent ist im Track? Wie habt ihr diese bearbeitet?

Johnjon: Wir haben tatsächlich einen Kontrabassisten im Studio gehabt und ihn aufgenommen. Dafür haben wir ein AKG C412 mit einer Brass-CK12-Kapsel mit 8er Figur in die Brücke des Kontrabass’ gesteckt und noch ein Neumann KM185 zusätzlich vorne positioniert. In der Aufnahmekette waren lediglich noch die Neve 1073 preamps und noch die Teletronix LA2As und wir landeten schließlich im Apogee Interface. Viel haben wir danach nicht mehr bearbeitet, leichte EQ-Bearbeitung und es eigentlich so organisch gelassen, wir die Aufnahme war. Den Synthbass haben wir mit einem ARP2600 eingespielt, das waren nur vier lange Noten und wurde im Rechner leicht komprimiert, mit einer Sidechain-Kompression versehen und getriggert durch die Kickdrum – somit setzt sich die Kick immer noch gut durch da es oft ähnliche Frequenzen sind, die sich Kickdrum und Bass teilen.

 

Auch die Brass-artigen Stabs nach der Hook sind sehr charakteristisch, wie sind diese entstanden?

Chopstick: Als wir das Gerüst des Tracks hatten, waren wir schon sehr weit vom elektronischen Sound entfernt und uns fehlten dann etwas unsere Wurzeln. Also haben wir eines unserer „Go-To-Elemente“ eingebaut und eine Stabilen geschrieben. Zuerst mit einem Plugin, haben dann aber um es rund zu machen von unserem Buddy Heiko Laux den Jupiter 8 geliehen und die Stabs damit aufgenommen. Ob der Unterschied nun so groß ist, weiß man nicht, aber in dem Moment dachten wir, es ist den Aufwand wert.

Die Akustik-Version von „Pining Moon“ kommt selbstverständlich ohne elektronische Klangerzeuger aus. Wie seid ihr an dieses Projekt herangegangen? Wie habt ihr die elektronischen Sound ersetzt?

Chopstick: Wir hatten im Grunde ja auf halbem Wege der Produktion schon eine rohe Akustik-Version, denn so wurde der Track geschrieben. Die Kunst war es dann, am Ende alles wieder rauszunehmen und auf das Wesentliche zu reduzieren. Als wir das gemacht haben, fehlte uns schon ein wenig die Wärme und der Groove, also haben wir noch einmal passendere Percussions und einen Kontrabass aufgenommen, um der Version dieses rohe Gefühl zu geben.

Abschließend erzählt doch noch von eurem Workflow im Studio und wie ihr beide zusammenarbeitet? Wie gelingt die Arbeit als Duo richtig gut?

Chopstick: Im Grunde war unsere Ziel immer, dass jeder von uns beiden alles kann im Studio. So kann man sich am besten ergänzen und auf Augenhöhe treffen. Natürlich haben sich bei uns beiden über die Jahre jeweils Spezialgebiete herauskristallisiert, aber die Basis ist wirklich das „alles können“. Sonst verfällt man in der Produktion zu zweit immer in die gleichen Muster und das zerstört auf Sicht die Kreativität.

 

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www.suol.com
Foto: Camille Blake