Denon DJ SC6000 Prime – Mission Perfektion

Dass sich Denon DJ nochmal vollständig berappeln und seinen Ruf als Innovationstreiber würde wiederherstellen können, war nach Übernahme durch die inMusic-Group 2014 alles andere als sicher. Mit Einführung der Prime-Serie 2017 war dann aber klar: Die klugen Köpfe und Investitionsbereitschaft sind ausreichend vorhanden, sodass man mit der asiatischen Kultmarke weiterhin rechnen muss. Das damalige Single-Player-Flaggschiff SC5000 Prime war mit seinem Touchscreen und weltersten Streaming-Dienst-Update ein eindrucksvoller Beleg dafür, was möglich ist, wenn man Hochtechnologie in eine DJ-Kreativmaschine überführt. Mit Freude nahmen wir uns deshalb den Nachfolger SC6000 testweise zur Brust.

Man in Black als Cyberpunk
Im Gesamteindruck hat der neue SC angenehm an Eleganz hinzugewonnen. Er wirkt in seiner mattschwarzen Gestalt wesentlich erwachsener als sein Vorgänger. Was vor allem daran liegt, dass einem die Bedienelemente nicht mehr leuchtfarblich ins Gesicht springen, sondern sich harmonisch ins gedeckte Gesamtbild einfügen. Ein Beispiel sind die RGB-Buttons, die nur mehr in der Stanzschrift oder mittels schmaler Streifen dezent illuminiert werden. Gleiches gilt für die nun schwarzen oder grauen Potis, Fader und die Joghwheel-Einfassung. Der aufgewerteten Optik schließt sich auch die Haptik an. Vielerorts dort, wo vorher Hartkunststoff dominierte, sorgen nun weiche Gummierungen für gesteigertes Wohlgefühl. Das betrifft unter anderem die großen Start/Stopp- und Cue-Buttons sowie die Performance-Pad-Sektion.

Screen & wheel: bigger & better
Neben diesen zahllosen Verbesserungen im Kleinen hat sich aber auch etwas im Großen getan. So benötigt der neue Denon-Schützling in der Länge eine etwas größere Stellfläche –aus einem erfreulichen Grund: Das Format des angewinkelten Touchscreens wurde nochmals ausgeweitet und beträgt im Durchmesser nun stolze 25,5 statt 17,8 Zentimeter. Seine Breite entspricht jetzt exakt dem des ebenfalls nochmals (um drei Zentimeter) vergrößerten Jogwheels. Nicht zuletzt dank dieser Symmetrie übertrifft der SC6000 seinen Vorgänger in punkto intuitiver Arbeitsweise abermals spürbar. Den wesentlichen Vorteil macht aber natürlich die mit dem neuen Displaymaß maximierte Darstellung aus. Sie hat sich gewissermaßen vom Smartphone- zum Tabletformat gemausert und erlaubt deutlich komfortablere Einblicke beispielsweise ins Wellenformgeschehen. Und ebenso wie bei mobilen Endgeräte kann nach Herzenslust angetippt und gewischt werden, um Elemente anzuwählen, zu verschieben oder durch Listen zu scrollen. Gleichfalls ist das Zoomen durch den bekannten Zweifinger-Move aka Pinch vorgesehen – die Reaktionsgeschwindigkeit des hochauflösenden Vollfarb-Bildschirms ist bei allen ausgeführten Gesten sagenhaft. Und umfassender noch als beim 5000er erhält man in er Performance-Ansicht Auskunft über praktisch alle Track- und Statusinformationen. Spielzeit, Beat-Counter, Quantisierung, eingestellte Pad-Modes, Cue-Punkte, Loopbereiche, weitreichende Key-Mixing-Optionen – alles vorhanden. Gleiches gilt für die Browser-Ansicht, in der die Crates angezeigt, Playlisten erstellt oder auch Titel über eine virtuelle Tastatur gezielt gesucht werden können. Dank des gewachsenen Displays lassen sich die Listen statt einfach nur verlängert ebenfalls XL-gezoomt anzeigen.

Da zwar der Touchscreen, nicht jedoch die Geräte-Gesamtbreite verbreitert wurde, war eine Umstrukturierung der rahmengebenden Hardwareelemente zwingend. Rechts befindet sich unverändert der Select/Load-Push-Encoder, jedoch mit schmalerem Leuchtring und eng angesetzten Back/Forward-Buttons für den Fensterwechsel. Die linke Seite besitzt nun nicht mehr drei eigenständige, sondern nur noch einen übergeordneten Hardware-Source-Button – die Anwahl der Quelle selbst wird über den Touchscreen ausgeführt und an der oberen Geräteflanke mittels kleiner Dioden angezeigt. Weiterhin vorhanden ist ein View-Knopf, um zwischen Track-, Bibliothek- und Utility-Ansicht zu hüpfen, ebenso der Media Eject-Switch sowie ein Layer-Button.

Schicht-Wechsel
Wie schon beim Vorgänger zählt die Möglichkeit, mit zwei Tracks auf unterschiedlichen Ebenen (Layern) gleichwertig arbeiten zu können, zu den Highlights des Single-Players. Die gewünschte Schicht A oder B zieht man zwecks Bearbeitung durch Drücken des Layer-Buttons gewissermaßen an die sichtbare Oberfläche und kann sie dank der unabhängigen Cinch- und Digital-Ausgänge sogar separat ausgeben. Farbcodierungen bis hinein ins Jogwheel-Display zeigen dabei unmissverständlich an, welchen der beiden Layer-Tracks man aktuell beackert. Wenn man will (oder muss), kann mit einem DN-SC6000 also durchaus ein komplettes DJ-Set durchziehen, wobei einem die Beatgrid- und Auto-Sync-Funktionen enorm helfen, die zwei Layer taktgenau zu verschmelzen. Mit welcher ungeheuren Rechenpower der DN-SC6000 ausgestattet ist, zeigt sich an weiteren Funktionen. So werden die Tracks komplett gepuffert, um sie bei einem Notfall wie versehentlichem Medienabzug dennoch komplett abspielen zu können. Ebenso kann die vollständige Analyse jungfräulicher Titel direkt über die interne Engine OS durchgeführt werden, sodass man die externe Engine-Software prinzipiell gar nicht mehr bemühen muss. Klangfetischisten wird zudem begeistern, dass das Laufwerk unkomprimierte Formate wie FLAC, ALAC und WAV verarbeiten kann. Man kommt also in den vollen Genuss des seit je her kristallklaren und dynamischen 24-bit/96 kHz Denon SC-Sounds. Dem schließen sich auch die nach herstellereigenen Aussagen (und durch unsere Ohren zumindest nicht widerlegbaren) klassenbesten Algorithmen für blitzschnelles Timestretching und Key-Changing an.

… plus HDD-Schacht
Anschlussseitig hat sich bis auf ein Detail nichts verändert. Neben besagten Cinch- und koaxialen Digital-Ausgängen sind ein USB B-Port für den Computeranschluss, ein Ethernet-Link-Port zwecks (Router-)Vernetzung mit anderen Denon-Playern oder -Mixern sowie ein Miniklinke-Eingang für Fernstartsignale untergebracht. Für Speichermedien sind hinten zwei Ports für USB-3.0- und vorne einer für USB-2.0-Geräte vorhanden. Hinzu kommt vorderseitig ein SD-Card-Slot sowie – als das wesentliche neue Detail – ein geräteunterseitiger Schacht, in dem eine 2,5-Zoll-Festplatte verbaut werden kann. Wer das japanische Flaggschiff weder mit Musikfiles von USB-Datenträgern noch als Controller für DJ-Software einsetzen möchte, kann alternativ auf Streaming-Dienste ausweichen. Dazu aktiviert man einfach die Musikquelle „WiFi“, wählt das gewünschte Netzwerk und den Streaming-Dienst aus, loggt sich ein und kann dann mit den Streaming-Titel so verfahren, wie mit den USB-Files. Ab Werk stellt Denon DJ direkte Zugänge für die Dienste Soundcloud+, Beatport, Beatsource LINK und TIDAL bereit – für letzteren mit dreimonatigem Kostenlos-Abonnement. Sogar der Zugriff auf seine eigene Dropbox-Cloud ist seit dem Engine OS Update 1.6 möglich. Misstraut man der Wifi-Stabilität, kann man die Dienste natürlich auch mit einem LAN-Kabel anzapfen.

Performance-Pracht
Das sonstige Bedienlayout, die Performance-Funktionen und folglich der Spinning-Prozess des DN-SC6000 sind mit dem Vorgängermodell ebenfalls nahezu identisch. Nur erlauben eben das auf 8,5 Zoll vergrößerte Jogwheel und die gummierten Tasten gesteigert feinfühlige Zugriffe. Dabei sind den acht Performance-Pads folgende vier anwählbaren Modi zugeordnet: Hotcue für bis zu acht Sprungmarken; Loop für die Ablage bis zu acht frei definierbare oder fest quantisierte Schleifen; Roll für Kurzloop-Salven zwischen 1/8 und 2 Beats sowie Slicer, um einen Musikpart in acht Segmente zu filetieren. Diese lassen sich wahlweise als einmalig oder als Loop wiedergeben. Über eine große Shift-Taste können die Pad-Belegungen dann wieder abgeräumt oder vereinzelt zusätzliche Funktionen wie das Verschieben von Loop-Ausschnitten vorgenommen werden. Ergänzend zum manuellen Looping über entsprechende In- und Out-Tasten lassen sich in Hochgeschwindigkeit Auto-Loops generieren. Der Push-Encoder reckt sich sich an gewohnter Position oben links auf der Faceplate hervor. Mittels Potidrehung legt man die Länge des Wunschloops fest – zwölf Optionen von 1/32 bis 64 stehen zur Wahl. Durch Potidruck aktiviert man die Schleife; betätigt man zusätzlich Shift, lässt sich der aktive Loop taktgenau verschieben. Der Auto-Loop lässt sich dann problemlos auf eines der freien Performance-Pads legen. Alternativ lassen sich über den Auto-Loop-Encoder ebenfalls Beat Jump-Distanzen einstellen; die Sprünge selbst werden über separate Vorwärts/Rückwärts-Buttons ausgeführt.

M wie mhhhhotorisiert
Mit dem SC6000 hat Denon DJ nicht mehr nur technisch sondern jetzt auch optisch einen Mediaplayer auf die Beine gestellt, bei dem man sich ernsthaft fragen muss, was sich dran überhaupt noch verbessern ließe. Bis auf geschmäcklerisch individuelle Präferenzen wohl nichts. Dass ein Massen-Tool derart eng und überzeugend an die Grenze des technisch Machbaren geht, passiert im DJ-Bereich selten genug. Naja, vielleicht könnte man einen motorisierten Plattenteller für ein noch authentischeres TT-Feeling implementieren? Eine solche Variante gibt es tatsächlich bereits unter der Bezeichnung SC6000M. Oder die Steuerung von Serato DJ Pro ermöglichen? Auch diese Zertifizierung liegt inzwischen offiziell vor. Noch nicht einmal der Preis bietet in Anbetracht des Gebotenen Anlass zur Kritik: 1799,99 EUR UVP.

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