Rassismus: Nein, Diskriminierung: Ja – Marshall Jefferson begründet das Ende seiner DJ-Karriere

Die House-DJ-Legende Marshall Jefferson hat in einem Feature des Magazins Mixmag erklärt, warum er das DJing an den Nagel gehangen hat. Grund für seine Entscheidung sei demnach hauptsächlich die Benachteiligung schwarzer Künstler, die laut Jefferson aber nicht zwangsweise mit Rassismus gleichzusetzen sei. Der vergleichsweise geringe (finanzielle) Erfolg von dunkelhäutigen Interpreten im Business der elektronischen Musik habe zum Teil schlichtweg mit „Zahlen“ und auch „eigener Dummheit“  zu tun, so der 61-jährige. Im modernen Geschäft des House- und EDM-Sektors sei Diskriminierung hingegen ein großer Faktor.

Jefferson, der vor allem durch seinen Hit „Move Your Body – The House Music Anthem“ weltbekannt wurde, berichtet von mehreren Ereignissen, in denen er zwar kurzzeitig annahm, rassistisch behandelt worden zu sein, anschließend jedoch feststellte, dass dies nicht der Fall war.

So auch bei einem Event in Deutschland, das bereits einige Jahre zurückliegt. Laut Jefferson spielte auf dem Mainfloor damals ein „weltbekannter weißer britischer DJ“, der jedoch nicht überzeugen konnte. Einige der Besucher gingen deshalb auf den Nebenfloor, wo Jefferson auflegte. Rund 4.000 Menschen seien dort gewesen. Der aus Chicago stammende DJ spielte ein großartiges Set, in einem Bericht eines Musikmagazins hieß es jedoch, der weiße DJ hätte ein sensationelles Set gespielt und Jefferson ein furchtbares. Rassismus also? Nein, sagt er. „Der weiße DJ hatte einen Publicity-Manager und eine Marketing-Maschinerie hinter sich stehen. So etwas hatte ich nicht. Der Reporter dachte sich also, er könne mein Set verunglimpfen, weil es keine Konsequenzen mit sich ziehen würde“, so Jefferson.

Die Verdrängung der Schwarzen aus dem elektronischen Sektor habe mit dem Aufstieg der Holländer in den 90er-Jahren weiter zugenommen, fährt die Ikone fort. „Sie kamen aus dem Nichts und machten plötzlich die große Kohle“, erinnert er sich. „Sie wussten einfach, wie man sich inszeniert und promotet. Für uns Schwarze war das Nichts, dafür waren wir viel zu cool“, gesteht sich Jefferson ein, der selbstredend schon oft über Rassismus in der Branche nachgedacht habe, jedoch immer versuchte, eine tendenzielle Benachteiligung schwarzer Künstler mit logischen Sachverhalten und wirtschaftlichem Denken zu erklären. „Man muss die Zahlen betrachten: Es gibt viel mehr weiße Menschen als ethnische Minderheiten. […] Weiße Menschen wollen nun einmal weiße Helden sehen, genau wie schwarze Menschen schwarze Helden sehen wollen […].“ Deshalb würde man weißen Künstlern auch höhere Gagen zahlen, erklärt Jefferson.

Im letzten Abschnitt des Artikels schlägt er dann jedoch wieder kritischere und harschere Töne an: House-Musik sei die Hauptstadt der Rassendiskriminierung im Musikgeschäft. Das habe wiederum mit dem weltweiten und kommerziellen Aufstieg des EDM-Genres zu tun, denn nur weiße Menschen würden EDM produzieren. Zum Abschluss referenziert sich Jefferson auch auf die New Yorker Techno-Legende Kevin Saunderson, der vor wenigen Monaten ebenfalls Stellung zur Diskriminierung von schwarzen Künstlern bezogen hatte. „Es fühlt sich an, als würde jemand schwarze Künstler und Produzenten permanent davon abhalten, Teil dieser Szene zu sein“, hatte Saunderson damals gesagt. Diese Ansicht teilt scheinbar auch Jefferson, der der Meinung ist, dass die Musik von Schwarzen mittlerweile auf den Markt für weiße Hörer zugeschnitten werde: Ein „weißer Sound“ verkaufe sich wohl einfach besser, resümiert er.

 

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Quelle: Mixmag