Sensationell, eine Mayday-Hymne an der Spitze der Charts. Das passierte 1997, als „Sonic Empire“ von den Members of Mayday schließlich am 15. Juni für eine Woche an die Spitze der deutschen Charts stürmte – dazu Platz 15 in Österreich, Platz 7 in der Schweiz und Platz 59 in Großbritannien.
Chief-Member Westbam erinnert sich:
Erinnerst du dich noch an den Tag, als „Sonic Empire“ die Charts erreichte? Was hast du da gedacht?
Die „Sonic Empire“-Nummer-EIns-Story war ein absolut magisches Top-Karriere-Highlight für mich. Speziell auch noch mal, weil damals, 1997, uns, – also Low Spirit, Mayday, aber auch Rave-Kultur im Allgemeinen – überall der sichere Untergang vorausgesagt worden war. Übrigens auch in eurem Vorgängerblatt Raveline. „Low Spirit fällt ins Bodenlose“, während unsere Harthouse-Konkurrenz „mühelos“ den Weg in eine neue Zeit fände, konnte man da lesen. Ich erinnere mich bis heute daran, weil ich es damals unglaublich hämisch fand. Ironischerweise meldete Hardhouse auch noch genau an dem Tag Insolvenz an, als „Sonic Empire“ Nummer 1 wurde. Das war schon ein sehr seltsame Koinzidenz.
Als die Platte rauskam, hatten wir gerade auch noch das Label gewechselt und unser neues Major, RCA, galt als komplett ahnungslos auf unserem Gebiet – zurecht übrigens, während Motor Music, wo wir herkamen, den Ruf hatten, das einzig wahre Major-Techno-Rave-Label zu sein. Was sie aber letztlich uns zu verdanken hatten.
Dann kam damals auch noch dazu: Bei der DJ-Promo waren für „Sonic Empire“ fast alle Daumen nach unten gegangen. Das war das erste vielleicht sogar das einzige Mal, dass die Promo-Firma sich traute, ganz klar zu sagen: Dieses Mal zeichnet sich leider ein Misserfolg ab.
Also wirklich alles sprach gegen „Sonic Empire“, aber dann geschah das Wunder. Die Leute, das Publikum sahen das anders. Die Platte kroch nach schwachem Entry im 80er-Bereich jede Woche ein Stück weiter nach oben. Ich war bei uns im Low-Spirit-Office in der Giesebrechtstraße in Berlin, als auf einen Dienstag im Juni 97 vielleicht zwei Monate nach Veröffentlichung die frohe Botschaft eintrudelte, dass wir „Schwester S“ mit ihrem Radiohit „ Du liebst mich nicht“ (auch noch von Motor Musik) um Haaresbreite abgehängt hatten und tatsächlich Nummer Eins geworden waren. Und ich glaube bis heute, dass es eine der coolsten Nummer-Eins-Platten in den deutschen Charts ever war. Hell hat es mir gegenüber mal als einen „Startschuss“ bezeichnet. Und das war es auch. Bis heute habe ich das Gefühl, dass mir eine höhere Macht an diesem Tag auf die Schulter geklopft hat und sagte: Lass dich nicht runterziehen, Alter, weitermachen …
Wie ist der Track entstanden? Wie lange seid ihr im Studio gewesen?
„Sonic Empire“ gehört auf jeden Fall zu den eher epischen Werken von uns damals, sehr komplex und orchestral war das. Dementsprechend hat es schon ein paar Wochen gedauert. Und irgendwas fehlte auch noch lange – und dann kam Jankuhn, wie ich gerne erzähle, mit diesem metallischen Resonanz-Schepperbeat um die Ecke. Als ich den hörte, dachte ich: Jetzt haben wir es. Krasse Scheiße. Das ist eine große Platte. So ein Wurf gelingt nicht oft im Leben.
Als ihr den Track fertiggestellt habt, hast da schon geahnt, dass die Nummer gut ankommen könnte?
Wie gesagt, als er fertig war, dachten wir, also Klaus, mein Bruder Fabian, der auch im Studio war und ich: Das ist genau der Hit, den wir jetzt brauchen. Fabian hatte übrigens den Namen „Sonic Empire“ erfunden. Und um mich auch noch zu loben: Ich hatte die Idee zu diesen zweinotigen Tom-Tom-Rave-Signal, an das man sich erinnert. Sowie für den Säge-Basslaul und den stilbildenden Elektobreak, der die Platte outstanding machte… die Leute in unserer Plattenfirma waren auch alle auf: Hit. Nur unser „Präsi“ William Röttger meinte: No way! Aber das habe ich damals schon als gutes Omen gesehen, William war immer zu strange und leftfield, um Hits zu erkennen.
Erzähle uns von der Mayday 1997, was hast du noch besonders in Erinnerung?
Das war eine Wiederauferstehung. Rave war tatsächlich tot in dem Moment. Oder besser: bis zu dem Moment. Und die meisten alten Freunde in der VIP-Lounge waren damals eigentlich nur noch gekommen, um Mayday und die Rave-Ära untergehen zu sehen. Ohne diesen magischen „Sonic Empire“-Moment wäre es an dem Abend vielleicht auch so gekommen. Auf jeden Fall wäre die Geschichte damals anders gelaufen. Um mal ein Kanzler-Zitat zu bemühen: Es war eine Zeitenwende.
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