Im Dialog mit Gardens Of God zu seinem Album-Debüt

Fotocredit: Visvaldas Morkevicius

Gardens Of God aka Mindaugas Lapinskis hat sein erstes Studioalbum auf seinem eigenen Label SODAI veröffentlicht. Es hört auf den Namen „Soundtrack For The End“.

Für den litauischen Künstler ist es nach den zahlreichen Veröffentlichungen, die er seit sieben Jahren konstant herausbringt, an der Zeit, sein Album-Debüt zu feiern. Er hat unter anderem die Kataloge von Suara, Needwant und Ellum mit seinen Produktionen bereichern können. Bekannt ist er vor allem für seine etlichen Ellum-Releases, darunter der Track „Fiddler“, der von Maceo Plex in einem Boiler-Room-Set gespielt worden ist. Bemerkenswert ist auch, dass Mindaugas sein eigenes Imprint bereits im Jahr 2016 gründete, auf dem darüber hinaus sein Titel „Gluk“ zu finden ist, der sich ebenfalls großer Popularität erfreut. Dank seines vielschichtigen Sounds, der sich irgendwo zwischen Techno, House und Electronica einordnen lässt, erhielt er Unterstützung aus den Reihen von Adam Beyer, Sam Paganini, Stephan Bodzin und Pete Tong.

Auf seinem Label Sodai ist nun sein neues Album erschienen, das aus zehn sehr einzigartigen Stücken besteht. Stilistisch betrachtet bringt der Litauer mit „Soundtrack For The Endfrischen Wind. So finden sich auf dem Werk keine clubtauglichen Dance-Tracks, sondern vielmehr anspruchsvolle und raffiniert produzierte Electronic-Songs, die in ihrer klanglichen Stilistik sich an verschiedenen Musikrichtungen bedienen, und an denen man dank ihrer melodischen Aufmachung trotzdem erkennen kann, dass es sich bei dem Produzenten um Gardens Of God handelt.

Beim Sounddesign hat sich Mindaugas sehr ausgetobt. Von schwellenden Klangteppichen bis zur knarzigen Synthie-Bassline ist hier ein vielfältiges Klangspektrum abgedeckt. Mit seiner Erfahrung, die er als Filmsoundtrack-Komponist sammeln konnte, hat der klassisch ausgebildete Musiker ein lebensbejahendes Tagebuch seiner spirituellen Wiedergeburt erschaffen, wozu auch die Kollaborationen mit Vaarwell und Aparde beigetragen haben. Die beiden Vocalisten brillieren mit ihrem gefühlvollen Gesang, der sich passend an die Klänge von Gardens Of God schmiegt.

„Soundtrack For The End“ erzählt uns die Lebensgeschichte von Mindaugas. Wir haben ihn zu seinem Album-Debüt interviewt und konnten einiges über ihn und seine Musik in Erfahrung bringen.

Als erstes würde ich gerne mit dir über die Namensgebung von deinem Album-Debüt sprechen. Wie ist der Titel zustande gekommen und was drückt er in Bezug auf das Musikalische und Persönliche aus, das du darin verarbeitest?

„Es ist die Ode für alle Enden und Anfänge. Ein Soundtrack für diese Schlüsselmomente und Emotionen, wenn etwas endet, aber auch etwas beginnen muss. Die letzten Jahre waren reich an positiven und negativen Erfahrungen. Ich denke, dass ich mich dadurch selbst viel besser hören und kennen gelernt habe als vorher. Ich schätze, ich entwickle mich zu einer erwachsenen Persönlichkeit. Das ist das Ende und gleichzeitig der Beginn einer neuen Periode meines Lebens. Da das Album vor ein paar Jahren begonnen wurde, spiegelt es diese Wandlung wider und ich bin dankbar, dass ich sie einfangen konnte. Wenn ein Filmsoundtrack die Atmosphäre schafft und das Bild ergänzt, wollte ich, dass mein Soundtrack von den Hörer*innen ergänzt wird. Sie sollten entscheiden, ob es traurig oder glücklich, deprimierend oder lebensbejahend ist. Ich wünsche mir nur, dass der Soundtrack wichtig ist und gebraucht wird, um diese besonderen Momente im Leben der Zuhörer*innen zu färben.“

Du bist nun schon eine ganze Weile als Musiker aktiv. Bevor du unter deinem Gardens-Of-God-Alias tätig wurdest, hast du unter anderem Filmsoundtracks gemacht. Außerdem bist du ein klassisch ausgebildeter Musiker. Was hat dein Interesse an der Produktion von elektronischer Tanzmusik mit Schwerpunkt auf melodischem und tiefem Techno geweckt?

„Man will kreativ sein und man will sich selbst überraschen. Ständig das selbe zu tun ist nicht der Weg, um das zu erreichen. So wie ein Teenager unabhängig von seinen Eltern sein will, wollte ich mich von der klassischen und traditionellen Art, Dinge musikalisch zu tun, lösen. Elektronische Musik ist eine Art Rebellion dagegen, aber auch ein ziemlich sicherer Ort, da sie immer noch melodisch und harmonisch ist (wenn man es will). Ich liebe und höre eine Menge verschiedener Musikrichtungen und es gibt kein bestimmtes Genre oder keinen bestimmten Stil für mich. Aber ich habe mich für die Musik entschieden, die ich mache, vor allem weil ich mich technisch und ideologisch am besten ausdrücken kann.“

Innerhalb eines Jahres nach dem unmittelbaren Start deines Gardens-Of-God-Projekts hast du eine EP auf Ellum Audio veröffentlicht. Gut zwei Wochen davor spielte Maceo Plex deinen Track „Fiddler“ in einem Boiler Room Set, das mittlerweile über 12 Millionen Klicks hat und eines der beliebtesten Sets auf diesem Kanal ist. Eine große Leistung nach so kurzer Zeit. Wie blickst du auf diesen Moment zurück?

„Alles entwickelte sich sehr schnell, zu schnell, würde ich jetzt sagen. Auch wenn ich es so sehr wollte, war ich nicht darauf vorbereitet, derartig viel zu reisen und so viel Zeit weg von meiner Frau, meinen Kindern und Freunden zu verbringen. Die Leute wollen den Erfolg ohne den Kontext und auf den Kontext war ich nicht so vorbereitet.“

„Ich kann nicht sagen, dass ich es nicht genossen habe. Ich habe es geliebt, vor großen Menschenmengen zu spielen, Festival um Festival und Kontinent um Kontinent. Aber es hatte seinen Preis und seine Zeit, um zu lernen, die Dinge im Leben zu managen. Wie auch immer. Ich bin dankbar, dass ich die Gelegenheit hatte, daraus zu lernen!“

Die Songs auf „Soundtrack for the End“ sind, im Gegensatz zu den Produktionen auf deinen vorherigen Veröffentlichungen, nicht für die Tanzfläche gedacht. Wie war es für dich, aus der „Four-to-the-Floor“-Dance-Track-Formel auszubrechen und andere Elemente aus verschiedenen Musikstilen zu verwenden, die du in das Album eingebaut hast?

„Vor einiger Zeit fing ich an, mich von der Musik, die ich machte, zu langweilen. Ich wollte wirklich melodischere/cineastischere Musik machen, wollte Songs machen, was mich ein wenig dahin zurückbringt, wo ich herkomme. Außerdem möchte ich mich, wie schon gesagt, selbst überraschen. Der ganze Studio-Hintergrund seit 2002 mit den Songs, die ich geschrieben habe, mit der Musik, die ich aufgenommen oder gehört habe, hat mich in die Denkweise gebracht, was ich erschaffen sollte. Es ist die Musik, die man auf Papier mit Noten schreiben kann, die Musik, die man auf einem Instrument spielen kann. Ich denke, es ist der erwachsene Teil von mir, der mehr und traditionellere Wege einschlagen möchte und deswegen diese Dinge tut. Außerdem habe ich mir immer gesagt, wenn ich ein Album herausbringe, dann sollte es eins zum Hören sein, nicht zum Tanzen in einem Club.“

Gab es aus deiner Perspektive irgendwelche Bedenken, wie dein Album von deinen Anhängern wahrgenommen werden würde und hat die aktuelle Pandemie-Situation vielleicht etwas an deinen Bedenken geändert?

„In den letzten Jahren habe ich mehr Alben angefangen, als ich Tracks veröffentlicht habe, denke ich. So viele Songs wurden aus Angst missverstanden zu werden gelöscht und vergessen. Wir hören zu viel davon, wie jeder erfolgreich, perfekt und wichtig sein muss, dass wir vergessen, einzigartig, ehrlich und authentisch zu sein. Das ist das Wichtigste im Leben und keine Erfolgsgeschichte kann es übertreffen. Aber man braucht Zeit, um das zu erkennen. Die Pandemiekrise hat geholfen, viel zu entdecken. Die Leute haben viel Zeit damit verbracht, ihre Werte neu zu ordnen, die Menschen, die ihnen wichtig sind, neu zu entdecken, sich selbst neu zu finden – ich bin da keine Ausnahme. Das Album ist wie eine Therapie, die mir hilft darüber zu sprechen, wer ich bin und wo ich sein will. Ich muss erschaffen. Geliebt zu werden ist eine Folge und kein Ziel, das habe ich festgestellt.“

Einige DJs und Produzenten haben heutzutage mit ihrer Kreativität zu kämpfen. Wie bleibst du kreativ, wenn es kein Nachtleben und keine Gigs oder gar Konzerte gibt, zu denen du gehen könntest, um frische Ideen zu bekommen, oder gibt es für dich persönlich andere Wege, um neue Inspiration zu bekommen?

„Das ist wirklich schwer. Schöpfer sind sehr sensibel und das Gefühl der Unsicherheit tötet den Vibe oder jegliche Gedanken in Bezug auf Musik. Sogar ich als Introvertierter vermisse es sehr, auszugehen oder Menschenmengen in der Stadt zu sehen. Diese Einschränkungen stecken mich kreativ in eine Box. Aber dieses Jahr hatten wir einen erstaunlichen Winter mit viel Schnee und wirklich kaltem Wetter, also hat es sehr geholfen, in der Natur zu sein und die Schönheit zu sehen, die so entsteht. Das hat mir zumindest ein wenig Inspiration und Positivität gegeben.“

 

Das Album ist hier als Vinyl und hier als digitaler Download erhältlich.

Tracklist
1.  All About Now (ft. Aparde)
2.  Point Of No Return
3.  RIVER (Remake)
4.  Shade Of Indecision (ft. Myriah Turner)
5.  BIRDS
6.  Color Blind
7.  Stills (ft. Vaarwell)
8.  Funeral Techno
9.  MRNNG
10. Ghost (Remake)

 

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Fotocredit: Visvaldas Morkevicius