Wir haben bereits 2015 von dem Rechtsstreit zwischen dem Komponisten und Produzenten Moses Pelham und den Elektropop-Pionieren Kraftwerk berichtet. Es ging um einen Beat von zwei Sekunden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Verfahren ausgesetzt. Zunächst soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) sich zu darin berührten Urherberrechtsfragen äußern. Damit geht der Fall erst einmal nach Luxemburg, ehe ihn Karlsruhe mit einem abschließenden Urteil entscheiden könnte.
Gestritten wird um einen Rhythmus aus dem Kraftwerk-Titel „Metall auf Metall“ von 1977. Pelham hatte die Sequenz 1997 ohne Erlaubnis kopiert und in den Song „Nur mir“ mit der Rapperin Sabrina Setlur eingearbeitet. Die Frage ist, ob er sich auf die Kunstfreiheit berufen kann.
Ein Verbot des Setlur-Songs hatte zuletzt das Bundesverfassungsgericht gekippt. Deshalb musste sich der BGH nun noch einmal neu entscheiden. Weil das Sampling in Rap und Hip-Hop heute ein gängiges Stilmittel ist, hat der Streit grundsätzliche Bedeutung für die Musikbranche.
Der BGH zweifelt jetzt allerdings an, ob die Verfassungsrichter in der Sache überhaupt etwas zu sagen haben. Nach Auffassung des Senats sind die relevanten Vorschriften in der EU komplett vereinheitlicht. Gibt es keine nationalen Spielräume mehr, prüfen die deutschen Gerichte und der EuGH nur, ob möglicherweise EU-Grundrechte verletzt sind.
Der Bundesverband Musikindutrie (BVMI) begrüßt die Entscheidung des BGH, da so die „Fragen zu einer Verletzung der Rechte des Tonträgerherstellers durch Sampling“ grundlegend geklärt werden könne. Der BVMI hat sich während der vergangenen Jahre immer wieder klar gegen eine erlaubnisfreie Nutzung einzelner Klangpartikel im Rahmen des Samplings ausgesprochen, weil diese die Gefahr birgt, dass die Urheber- und Leistungsschutzrechte der Kreativen und ihrer Partner noch weiter ausgehöhlt werden.
Wo die Übernahme kurzer Klangsequenzen klar als solche erkennbar ist oder womöglich sogar bewusst mit dieser Absicht geschieht, sollte sie ohne Zustimmung der Rechteinhaber auch weiterhin unzulässig sein. Als legale Möglichkeit für Kreative, bestimmt Tonsequenzen in eigenen Produktionen zu verwenden, bleibt auch weiterhin das Nachspielen solcher Tonfolgen bestehen sowie das branchenübliche und etablierte Verfahren des „Source-Clearing“, in dem sich Rechteinhaber die entsprechenden Rechte lizenzieren lassen können.
Der Kraftwerk-Gründer Ralf Hütter hatte seine Position bekräftigt:
„Es ist absurd. Klänge, die wir erarbeitet haben, das ist wie ein Garten. In unserem Garten kann man nicht einfach die Blumen rausreißen und woanders weiterzüchten.“ Er setze sich dafür ein, „dass nicht nur komplette Melodien, sondern auch klangliche Strukturen als Werk gelten.“ Unter Künstlern geböte der Respekt, vor der Verwendung eines Samples den Urheber um Erlaubnis zu fragen.
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