Seit dem Boom der Acid-House-Partys in den späten 80er Jahren in England, wird die Seite der unkommerziellen illegalen Partys ohne Lizenz, als Epizentrum des unkontrollierten, drogeninduzierten Eskapismus dämonisiert und durch jegliche Medien getrieben. Selten, dass ein Artikel auch die positiven Verläufe und Auswirkungen auf die Gäste und die Szene insgesamt beleuchtet. Klar ist aber auch, dass es Clubs zunehmend schwieriger haben, gerade in den Sommermonaten dem enormen Druck seitens hochkarätiger Line-ups auf Festivals und kostenfreien Raves im Freien entgegenzuwirken, und dadurch ihr Überleben zu sichern. Wir wollen wertfrei an die Sache rangehen und ein paar Punkte zu dem Thema sowie jüngste Entwicklungen darstellen.
Außerdem werden wir euch noch Interviews zum Thema nachliefern.
Gentrifizierung als Clubkiller und Mieten
Das Problem besteht ja nicht erst seit heute, schon Mitte der Neunziger kamen vielerorts Stimmen auf, die prophezeiten, dass die zunehmende Gentrifizierung und Durchkommerzialisierung des innerstädtischen Stadtbildes ein Aus für die Clubkultur bedeute. Nun, an vielen Stellen mag das so eingetroffen sein und dort wo ehemals Brachen und freistehende Gelände dem Ravebetrieb dienten, glänzen heutzutage puristische „Prachtbauten“, bei denen Walter Gropius nur in die Hände klatschen könnte. Nichts zu applaudieren hat hingegen die lokale Musikszene die immer weitere Abstriche an Anlaufstellen machen muss. Dennoch muss auch gesagt werden, dass es ein Wandel im Stadtbild immer schon gegeben hat und auch weiterhin geben muss, einzig die Bedingungen sind zu hinterfragen. Lässt sich so etwas wie eine friedliche Koexistenz zwischen Co-Working-Yuppies und den Raveheads herstellen oder wird das Gerangel um die noch verbliebenen und in Planung stehenden Orte, gänzlich zugunsten der Spekulanten ausgehen?
In einem Artikel des Guardian wurde kürzlich erst deutlich, dass insbesondere in London, wo die Miete schnell die Hälfte eines Monatseinkommens auffressen kann, die illegale Ravekultur doch eine willkommene Abwechslung für den ein oder anderen bietet. Gerade für das junge Publikum, das sich die immer höheren Eintrittspreise der innerstädtischen Clubs, die exponierten Getränkepreise und vielleicht auch noch ein Taxi einfach nicht leisten können, sind illegale Raves eine wichtige Anlaufstelle um dennoch weiterhin Teil der Szene zu sein und sich auch selbst frei entfalten zu können. Gespannt darf man darauf sein, wie sich die jüngsten Meldungen bezüglich der geplanten Steuerbegünstigungen von Clubs sowohl in England als auch Deutschland auf die Unkosten zum Feiern auswirken werden.
Lest hier: Polizei ließ illegalen Rave mit 700 Leuten zwölf Stunden weiterlaufen.
Der Club ist weit mehr als nur eine Musikspielstätte
Clubs dienen ja nicht nur rein der musikalischen Präsentation sonder archivieren auch unser Kulturgut und bieten Findungs- und Schutzraum zur eigenen Wahrnehmung und Auslebung der körperlichen und sexuellen Orientierung. Vielerorts ist in den etablierten Clubs dazu kaum noch Platz außer in Ausnahmefällen wie vielleicht dem Kit Kat Club oder Berghain. Auch das ist ein Punkt, der für das Publikum illegaler Raves ein Vorteil darstellt, da sie sich frei austoben können , ob in sexueller Hinsicht aber auch im Gebrauch mit Drogen, ohne Gefahr zu laufen, von der Security vor die Tür gesetzt zu werden und im schlimmsten Fall noch mit der Polizei in Konflikt zu geraten. Das kann euch aber auch bei Raves passieren, wie folgendes Video leider zeigt:
Lest hier: Gibt es in Frankreich bald ein Anti-Rave-Gesetz?
Social-Media-Apps im Einsatz gegen die Polzei
In einer interessanten Geschichte verpackt, hat die Mixmag darüber berichtet, wie jüngst Social-Media-Apps zum Einsatz kommen um Raves im Vorhinein so zu planen, dass es erst gar nicht zum Aufeinandertreffen mit der Polizei kommt. Durch Registrierung mit Bild oder Abfrage des Standortes soll verhindert werden, dass hinter dem angeblichen Teilnehmer eines illegalen Raves ein Cop im nächstgelegen Polizeirevier sitzt. Ziemlich ausgetüftelt aber irgendwie auch schon wieder komisch sich für freie Raves, anmelden zu müssen als sei es ein durchorganisiertes Festival. Naja, die Vorteile und Nachteile könnt ihr hier ja selbst rauslesen.
Letztlich bedenkt einfach bevor ihr illegale Raves besucht, dass weder die Locations garantieren dem Konzept der Betreiber standzuhalten, noch wirklich Sicherheit garantiert werden kann. Vielmehr ist es nötig, dass ihr umso mehr gegenseitig aufpasst, dass nichts schiefgeht!
In den nächsten Tagen wird noch eine spannende Gegenüberstellung zweier Meinungen folgen, sowohl die eines Clubbesitzers als auch eines Rave-Kollektives und deren Meinung auf die Auswirkungen der Szene. Bis dahin legen wir euch die Kurzdokumentation von Puls ans Herz:
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