Mark Reeve, schon lange in der Techno-Szene und –kultur beheimatet und etabliert, ist neben seiner Musik- und DJ-Künste dafür bekannt, kritische Meinungen in den sozialen Netzwerken offen und direkt zu äußern. In seinem neuesten Post beschwert er sich über den aktuellen Zustand der Szene. Unter anderem bekommen große Festivals, Influencer, VIP und indirekt auch Booker ihr Fett weg, so wie eigentlich die ganze Szene an sich.
Mark Reeve ist schon lange mit im Techno-Game dabei. In Großbritannien aufgewachsen, begann der Produzent und DJ bereits als zwölfjähriger erste Musikstücke zu kreieren und sich in der Szene zu etablieren. Mit 17 zog er nach Deutschland und wurde von Sven Väth und Richie Hawtin entdeckt. Auf Babbas Label Cocoon veröffentlichte Reeve genauso wie auf rennomierten Techno-Labels wie Drumcode, Defected oder Traum Schallplatten. Außerdem bespielte er zahlreiche Clubs und Festivals über die Jahrzehnte hinweg. Wenn jemand also Ahnung haben und sich mit der Szene auskennen sollte, dann er.
Diese befindet sich jedoch laut dem passionierten Musiker der elektronischen Musik in keinem guten Zustand, wie sein neuester Facebook-Post ganz klar kommuniziert. Wir haben für euch einmal zusammengefasst, was Reeve alles kritisiert.
- Club- und Festivalschließungen aufgrund mangelhafter Ticket-Verkäufe (siehe etwa auch die gerade bekannt gewordene Schließung des Watergate in Berlin zum Ende des Jahres)
- Musiker und Produzenten, die ihre Karriere aufgrund fehlender Bookings an den Nagel hängen
- Schwierigkeiten beim Releasen neuer Musik aufgrund fehlender Tantiemen und unverhältnismäßiger Aufwand demgegenüber (dazu tragen unter anderem auch bestimmte Modelle von Musikstreaming-Plattformen wie Spotify bei, siehe auch)
- Die Musik steht nicht mehr im Vordergrund, Tracks dienen Künstlern nicht mehr als Visitenkarte für Bookings
- Die Sozialen Medien sowie die Smartphone-Nutzung auf dem Dancefloor (zweiterem Wirken viele Veranstaltungsstätten bereits entgegen, wie etwa jüngst das Hï Ibiza)
- Influencer auf der Bühne, die eine andere Behandlung als andere Künstler bekommen, die auf einer zweiten Bühne gespielt haben (Kritik gegenüber Influencern äußerte etwa auch Diplo gegenüber dem Coachella Festival)
- Mangelndes Kulturelles, mangelnde Menschlichkeit, Partycharakter geht verloren
- Echte Künstler müssen ihre Karrieren aufgeben
- Andere erhalten horrende Gagen, fliegen in Privatjets und setzen sich nicht für die Kultur ein oder werden von reichen Eltern auf die Hauptbühnen gekauft
- Mangelnder Einsatz großer Festivals oder besser bezahlter Künstler, etwas gegen den Trend zu tun
- Zombies im VIP, geht womöglich mit Punkt sechs einher
Das Resultat von Mark Reeve: Diese Kritikpunkte bedrohten die elektronische Musikszene bis zum Aussterben. Reeve appelliert an alle, diesen Trend entgegenzuwirken, um die Technokultur zu erhalten. Er selbst habe sich mühsam den Weg nach oben erarbeitet, „Tag und Nacht den Arsch abgearbeitet“ (aus dem Englischen übersetzt). Zu unserem ausgearbeiteten Punkt vier stellt Reeve den Vergleich auf, Bands würden nur dann Auftrittschancen und Konzerte erhalten, wenn die Musik erste Klasse sei. Coldplay brauche beispielsweise die einzigartige Stimme von Chris Martin. In der elektronischen Musik sei dies nicht mehr der Fall (siehe Punkt sechs und Punkt neun). Reeve fügt hinzu, zwei gute Freunde hätten schon mit dem Produzieren aufhören müssen, da sie kein Geld mehr zur Zahlung ihrer Rechnungen gehabt hätten. Zum Schluss bot er an, dass diejenigen, die mit den genannten Problemen zu kämpfen hätten, sich gerne bei ihm für einen privaten Chat melden könnten.
Der originale Post von Mark Reeve:
Ob der Post von Mark Reeve eine direkte Reaktion auf die Schließung vom Watergate ist, ist unklar. Der in Frankfurt am Main lebende Künstler war dort bereits als DJ gebucht. Eine ähnliche Kritik wie Reeve legte auch gerade ein Clubbetreiber aus Saarbrücken, der dort zwei bekannte Clubs besitzt, an den Tag. Er äußerte sich kritisch gegenüber Gagen, sozialen Medien und Gästen. Auch Techno-Guru Dave Clarke nahm den Zustand der Szene dieses Jahr in Angriff: „Es gibt zu viele Leute, die sich DJ nennen“. Mark Reeve hofft unterdessen das Beste für das Jahr 2025 – wobei diese insgeheime Hoffnung unter der danach geäußerten Nennung der realen Umstände wohl auch zynisch demgegenüber gemeint sein könnte, da die Konventionen ja schon längst andere sind als die einer faireren Techno-Szene. Oder um es anders zu sagen: Die aktuelle kapitalistische Techno-Szene ist unfair.
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