Planet Xenbel: Shitstorm!

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Planet Xenbel von Xenia Beliayeva
Shitstorm! 

Ich lese bei Facebook, dass sich Alex Niggemann im Shitstorm befindet. Der erste Kommentar lautet: „Dubfire ist im Shitstorm, nicht du!“ Und ich zu mir selbst: „Dubfire, warum, was habe ich verpasst?“.

Ich gehe auf Dubfires Seite. Unzählige Einträge, wie uncool er sei, dass er sich schämen solle, man sich seinen Fans gegenüber so nicht verhalte und überhaupt. Ich fasse zusammen: Dubfire hat einen Tiller gehabt, persönliche Anfragen von „Radios und Produzenten“ bezüglich eines Mixes oder Releases auf seinem Label, als Beispiel, wie man es nicht macht, auf seiner Facebook-Seite gepostet und erklärt, dass solche Schreiben vom ihm wie Spam behandelt werden.

xenbel_shitstorm_dubfireDas Theater war groß und umgehend war ein neues Hassobjekt gefunden. Gut, Dubfires Satz „I am a champion of new talent: Sci+Tec is the epitome of that and has been since day one!“ ist auch mir äußerst übel aufgestoßen. Da musste ich direkt an Phutures „Rise From Your Grave“ denken. Dubfires Aktion war fragwürdig, aber im Kern hat er recht, selbst wenn er den Ton nicht ganz getroffen hat. Ein No-Go war, dass er die Identitäten seiner Fans nicht geschützt hat. Schwarzer Balken hätte gereicht. Es geht nicht um Paulo aus Madrid oder Hans aus Dessau, sondern um die Art und Weise, mit der man so nicht vorankommt. Und genau das wollen junge DJs doch: vorankommen.

Nachrichten in dieser Form bekommt jeder bekannte DJ. „Hallo XY, du bist der beste DJ. Ich bin auch DJ und ein großer Fan von dir. Seit Jahren mache ich dies und das, kann ich etwas auf deinem Label veröffentlichen, oder möchtest du für meine Radioshow einen Mix machen?“ 95 Prozent aller DJs denken wie Dubfire, sagen nur nichts. Sie verdrehen die Augen beim Lesen oder löschen diese Mails schon nach dem ersten Satz, weil sie genau wissen, wie der Folgetext lautet. Everybody’s Darling wird heutzutage groß geschrieben. Jeder einzelne Fan zählt und soll bleiben. Da ist mir Dubfire lieber.

Natürlich ist es einfacher zu sagen, wie man es nicht machen soll. Schöner wäre zu erklären, wie man es machen könnte. Es gibt z.B. Richtlinien: Schicke dein Demo an die Adresse, Promos an die andere. Das heißt aber noch lange nicht, dass man Gehör findet oder Antwort bekommt. Ich vergleiche es gerne mit Beziehungen. Mann steht im Club und sieht zwei Frauen, beide stehen sich in nichts nach. Die eine findet er attraktiv und lädt sie auf Getränk ein, die andere nicht. Dann fragt sich die andere, warum sie und nicht ich? Darauf gibt es keine Antwort, es ist Chemie. Chemie kommt auch im Text rüber.

Wenn man z.B. eine Anfrage an ein Deep House-Label schickt und die E-Mail-Adresse djtaifun@beatz.com lautet, fällt bei der zuständigen Person sofort eine Klappe, und schon landet man im Trash. Profilbilder und Betreffzeilen werden in Sekundenbruchteilen bewertet. Hier kommen so viele Faktoren zusammen, darüber müsste ich eine gesonderte Kolumne schreiben.

Was wichtig ist, weil wir alle irgendwo Jäger sind, ist, sich nicht anzubiedern und den DJ anzubeten. Komplimente müssen smart verpackt werden, sonst kommen sie nicht an. Junge Radiomacher sollten es nicht persönlich nehmen, wenn der DJ keinen exklusiven Mix für ihre Show machen möchte. Erfolgreiche DJs können nicht jeder Radioanfrage gerecht werden und neben ihren Gigs noch zehn Mixe pro Monat aufnehmen. Die kommen sonntags müde nach Hause, haben ein Privatleben, wollen ins Studio, ihre Freunde sehen, die To-Do-Liste abarbeiten… und schwups ist wieder Freitag. Ein aufgenommener Mix wird im Vergleich zum Auflegen im Club vom Künstler kritischer eingestuft. Immerhin landet er für die Ewigkeit im Netz und ist nicht nur für den Moment.

Wie sagt man so schön: „ Any press is good press!“ So ein Shitstorm ist nicht unbedingt negativ. Dubfire hat jetzt 20.000 Follower mehr und alle mögen ihn wieder.

Ahoi meine Freunde!

X

 

Aus dem Heft #024/02.2014

 

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