Track-Check: Hardfloor – Acperience (Harthouse America, 1992)

Track-Check: Hardfloor – Acperience (Harthouse America, 1992)

Als Acid, House und Techno Ende der 1980er-Jahre die deutsche Musikszene eroberten, waren sie ganz vorne mit dabei: Ramon Zenker und Oliver Bondzio – besser bekannt als Hardfloor. Das 1991 geformte Duo wurde schnell zu einer international gefeierten Nummer, die sogar in Amerika und Fernost großen Anklang finden sollte. Eine ihrer vielen legendären Platten veröffentlichten Hardfloor 1992 mit „Acperience“ auf Harthouse America, einem Ableger der Label-Koryphäe Eye Q Records. Oliver Bondzio hat mit uns über die Geschichte von „Acperience 1“ gesprochen.

Oli, „Acperience 1“ baut sich minutenlang auf – wie viele 303s hören wir am Ende zusammen spielen?

Wir haben drei Roland TB-303s verwendet. Es war übrigens der allererste Track, den wir produziert haben, als ich endlich stolzer Besitzer von zwei TB-303s war (gleichzeitig gekauft mit einer TR-909). Ramon hatte vorher Samples der 909 benutzt und mittlerweile auch seine erste TB-303 in New York gekauft. Damals für 295 US-Dollar.

Hier könnt ihr die neunminütige Version von „Acperience 1“ reinhören und diese digital erwerben:

Wenige haben sich so mit der TB-303 auseinandergesetzt wie ihr. Welche Tricks habt ihr in den letzten Jahren gelernt, um ihren klassischen Sound noch etwas mehr zu bearbeiten? 

Man lernt in der Tat nie aus, aber verraten werde ich keine Tricks. Jeder sollte sich damit selber auseinandersetzen. Leider machen das die wenigsten, denn ich höre nicht wirklich viele interessante Sequenzen, obwohl ja jetzt gefühlt jeder Zweite eine 303 besitzt.

Für alle Newcomer*innen: Welchen Klon der 303 könnt ihr empfehlen? 

Es gibt schon ganz gute Klone auf dem Markt, aber auch hier sollte jeder selbst ausprobieren, um herauszufinden, worauf es ihm oder ihr ankommt. Es gibt so viele (meiner Meinung nach schlechte) 303-Produktionen, bei denen man den Funk des Original-Sequenzers gar nicht mehr spürt, weil entweder keine interessanten Slides und Accents gesetzt werden oder ein viel zu hohes Tempo gewählt wird. Naja: Different strokes for different folks.

Wie seid ihr von der ersten Idee ins lange Arrangement übergegangen? Live-Jamming oder tagelanges Programmieren am Computer? Und zu welcher Uhrzeit entstand eine solche Clubhymne eigentlich im Studio? 

Tagelanges Programmieren gibt es bei uns nicht. Wir sitzen nie länger als einen Tag an einem Track. Es kommt schon mal vor, dass man am nächsten Tag Sachen ändert oder einen neuen Mixdown macht (wenn man am Vortag nicht fertig geworden ist), aber die grundlegende Programmierung ist nach drei bis fünf Stunden abgeschlossen. Dann „jammen“ wir kurz etwas mit den Spuren herum und finden so heraus, welche alleine stehen können und welche besser in Ergänzung mit anderen kommen. Wir starten meistens gegen 14 Uhr und sind dann zwischen ca. 0 und 2 Uhr morgens fertig. Zwölf Stunden konzentriertes Arbeiten mit einer Essenspause liegt uns am besten.

Die Drums sind natürlich loopbasiert – erscheinen aber durchaus variantenreich und spannend. Wie programmiert ihr einen guten Groove und wann wisst ihr, dass man ein Fill einbauen sollte? 

Groove hat man oder man hat ihn nicht. Meistens werden beim Arrangieren die Fills eingebaut oder auch editiert.

Welche Entwicklung gab es eigentlich im Processing eurer Drums von damals bis zu euren aktuellen Releases? 

Das ist doch ganz einfach: Wenn man bei einem Drawmer-Kompressor die Querbelkreute so in den Track einarbeiten möchte, dass ein Stück Maselpolter eintörfelt,  aber man keinen Radegenner zur Hand hat, kann man auch einfach beim SSL Fusion in den Vintage-Drive Modus gehen und die Drums mit einer 13er-Tretsche leicht anmarieren und sie dann für harmonische Obertöne und subtile Kompression festpatikuieren . Sollten wir den Eventide-Omnipressor verwenden, achten wir darauf, dass die Attack-Zeit nicht höher als beim Hochfrequenzverdichter anschlägt, um diesen typischen Holmesan-Streifen zu vermeiden.
Das funktioniert natürlich am besten mit einer vollmondigen Lötquetsche aus Unoktanium, wie wir sie schon seit ca. 1995 im Studio verwenden.

Sehr witzig, den kannten wir noch nicht!

Der Videoedit von „Acperience 1“:

Aus dem FAZEmag 151/09.2024

 

Noch mehr Track-Checks:
Track-Check – Depeche Mode – Precious/Michael Mayer Remix (Mute)
Track-Check: Marmion – Schöneberg (Superstition Records, 1993)
Track-Check: Laserkraft 3D – Nein, Mann! (120dB Records, 2010)
Ellen Allien – Stadtkind (BPitch)
The Disco Boys – For You (Kontor)

Extrawelt – Soopertrack (Border Community)
Marc Acardipane feat. Pilldriver – Pitch-Hiker (Original Mix) [Remastered 2020]
Chez Damier – Can You Feel It (New Your Dub)/The Steve Bug Remixes (Dessous Recordings)
Oliver Koletzki – Der Mückenschwarm (Cocoon Recordings)
DJ Misjah & DJ Tim – Access (X-Trax)
999999999 – Love 4 Rave (NineTimesNine)
Josh Wink – Higher State Of Consciousness (Strictly Rhythm)
Thomas Schumacher – When I Rock (Bush)
Markus Suckut – Infinity (SCKT)
Len Faki – Robot Evolution (Figure)
Da Hool – Meet Her At The Loveparade
Ian Pooley – Celtic Cross (Force Inc.)
Chopstick & Johnjon – Pining Moon (Suol)
Butch – Countach (Cocoon) 
Isolée – Beaut Mot Plage (Playhouse)
SBTH – Ribolla (Lossless)
Matthias Meyer – November Rain (Watergate)
Axel Boman – Purple Drank (Pampa Records)
Sascha Funke – Mango (BPitch Control)
Format:B – Chunky (Formatik)
CamelPhat & Elderbrook – Cola (Defected)

Justus Köhncke – Timecode (Kompakt Records) 
Frankey & Sandrino – Acamar (Innervisions)

Oxia – Domino (Kompakt)

Andhim – Tosch (Superfriends)
Gabriel Ananda – Ihre persönliche Glücksmelodie (Karmarouge)

Ninetoes – Finder (Kling Klong)
Die Vögel – Blaue Moschee (Pampa Records)